Bundesministerin Leonore Gewessler im Interview zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) wurde am 11. März von Bundesministerin Leonore Gewessler, Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretär Magnus Brunner präsentiert. Das Ziel ist klar und ambitioniert: Bis 2030 soll Österreich 100 Prozent des Strombedarfs selbst produzieren und zwar mit erneuerbaren Energien. Das EAG soll die gesetzliche Basis dafür schaffen. Kommende Woche wird das Gesetz im Parlament verhandelt. Die Energieautonomie+ hat Bundesministerin Gewessler einige Fragen dazu gestellt.
100 Prozent heimischer Ökostrom bedeuten jährlich 70.000 Green-Jobs in Österreich. Und der Umstieg auf die Erneuerbaren bedeutet auch jährliche BIP-Zuwächse von 5,5 Milliarden Euro. Die Energiewende lohnt sich also in mehrfacher Hinsicht.Bundesministerin Leonore Gewessler
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wird als Gesetz für die Energiewende bezeichnet – wie sieht diese Energiewende konkret aus?
Leonore Gewessler: Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist das größte Energiepaket jemals. Bis 2030 wollen wir 100 Prozent sauberen Strom aus Erneuerbaren, also Sonne, Strom, Wind und Biomasse erzeugen. Damit schaffen wir einen sehr breiten Rahmen für die Energiewende von der Erzeugung bis zur Teilhabe. Neben dem Aufbau von 27 Terawattstunden Stromerzeugung verankern wir mit den Energiegemeinschaften erstmals eine Möglichkeit für die Menschen, Energie miteinander zu erzeugen, zu verbrauchen und aufeinander abzustimmen. Der Blasmusikverein, die Feuerwehr, der Sportverein können gemeinsam mit ihren Mitgliedern die am Dach des Vereinshauses erzeugte Energie nutzen. Das ist ein großer Schritt Teil der Energiewende zu sein und eine Pionierleistung in Europa.
Sie haben bereits mehrfach von einem effizienten und effektiven Fördersystem – besonders im Zusammenhang mit PV-Anlagen – gesprochen. Dieses soll mit diesem Gesetz etabliert werden. Wo war das System bisher nicht effizient und effektiv, was ist jetzt anders?
Leonore Gewessler: Über eine einheitliche Förderstelle wollen wir die bisherige Stop-and-Go Förderung weitgehend beenden, die es vielfach Unternehmen erschwert hat Planungssicherheit zu gewinnen. So soll der Zugang zu Förderungen möglichst einfach gestaltet werden. Natürlich muss dabei auch der europarechtliche Rahmen berücksichtigen werden. Mit dieser geschaffenen Förderstelle und differenzierten Fördermaßnahmen wollen wir auch möglichst viele Erzeugungstechnologien passgenau treffen.
Was verändert das Gesetz für Unternehmen und was für Privatpersonen? Der Begriff Energiegemeinschaften fällt immer weider. Dabei kann ich mit meiner PV-Anlage Strom erzeugen und diesen mit den Nachbarn teilen – wie kann man sich dies vorstellen? Ist so etwas nur für den privaten Bereich gedacht oder auch für Unternehmen?
Leonore Gewessler: Mit der Umsetzung der Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften und der Bürger:innen-Energiegemeinschaften ermöglichen wir allen Menschen in Österreich die Teilnahme an der Energiewende. Also auch KMU können teilnehmen. Unternehmen etwa aus dem Gewerbegebiet im Ort können bei der Planung ihrer Photovoltaik-Anlagen die Ortsgemeinschaft mitberücksichtigen und so gemeinsam Anlagen finanzieren und betreiben. Die Möglichkeiten sind da breit gestreut.
Sie haben von einer ständigen Evaluierung der Maßnahmen gesprochen. Wie sehen für Sie die Zwischenetappen bis 2030 aus? Wann würden Sie sagen, das EAG funktioniert und wirkt und wann würden Sie eine Neuausrichtung als notwendig erachten?
Leonore Gewessler: Wichtig ist, dass wir in die Umsetzung kommen. Gleichzeitig bedeutet, dass wir stets evaluieren. Dafür haben wir jährliche Berichte vorgesehen. Wir werden also sehr intensiv beobachten wie sich das EAG weiterentwickelt und wo ein Nachschärfen gegebenenfalls notwendig sein wird.
Letzte Frage: Im Zusammenhang mit den klimapolitischen Zielen fällt der Begriff ambitioniert sehr häufig. Das bedeutet, es wird nicht leicht sein diese Ziele zu erreichen. Können wir es schaffen?
Leonore Gewessler: Ja, denn unser Ziel ist die Lebensqualität der in Österreich lebenden Menschen zu erhalten und zu verbessern. 100 Prozent heimischer Ökostrom bedeuten auch jährlich 70.000 Green-Jobs in Österreich. Und der Umstieg auf die Erneuerbaren bedeutet auch jährliche BIP-Zuwächse von 5,5 Milliarden Euro. Für eine bessere Umwelt, bessere Luft und gute Arbeitsplätze. Die Energiewende lohnt sich also in mehrfacher Hinsicht.