Grenzüberschreitende Zusammenarbeit für eine starke Energiewirtschaft und Unabhängigkeit
Der Erneuerbaren-Ausbau und das Thema saubere Energie sind durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine überall in Europa in den Fokus gerückt. Wie der Umstieg noch rascher gelingen kann und Regionen möglichst unabhängig werden können, darüber tauschte sich Energielandesrat Daniel Zadra Ende September mit der baden-württembergischen Ministerin für Energiewirtschaft, Klima und Umwelt, Thekla Walker, aus.
Wie wichtig eine gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch im Energiebereich ist, zeigt allein die Geschichte unserer beiden Länder: Unsere Landesenergieversorger arbeiten seit mittlerweile 100 Jahren erfolgreich zusammen. In Zukunft wollen wir uns nicht nur was Wasserkraft betrifft eng austauschen, sondern auch zu Seethermie, Geothermie, Photovoltaik oder Windkraft. Uns beide verbindet, dass wir für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die vielen Unternehmen saubere und günstige Energie garantieren wollen.Daniel Zadra, Energie- und Klimaschutzlandesrat
Die beiden besuchten zunächst das Energieinstitut in Dornbirn. Danach stand ein Besuch der Seethermie-Baustelle am Bodensee in Bregenz an.
„Der Preisschock 2022 bei Energie ist das Ergebnis einer fossilen Krise. Die Abhängigkeit von Gas und anderen fossilen Brennstoffen macht unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft verwundbar. Wir wollen deshalb mehr Energie von hier. Gemeinsame Initiativen etwa zur Nutzung der Seewärme sind dabei ein wichtiger Baustein. Wir wollen diesen Schatz heben und dabei unser Juwel Bodensee schützen“, betonte Walker.
Begehrtes Bodenseewasser
Das Festspielhaus und das neue Hallenbad in Bregenz sollen künftig mit der Energie aus dem Bodensee beheizt und gekühlt werden. Das Wasser wird dafür aus den tieferen, konstant temperierten Schichten des Bodensees entnommen. In einer Betriebszentrale am Ufer wird die Wärme dann über einen Wärmetauscher an einen zweiten Wasserkreislauf übertragen und mittels Wärmepumpen auf die benötigte Arbeitstemperatur gebracht. Anschließend fließt das um zwei bis vier Grad kältere Wasser zurück in den See. Für Vorarlberg identifizierte eine Studie unlängst sieben potenzielle See-Energiezentralen.
Auch in Baden-Württemberg wird das Bodenseewasser zur Energiegewinnung genutzt – etwa an der Universität Konstanz. Mehrere Großwärmepumpen werden es der Uni ermöglichen, mehr als zwei Drittel ihres Wärmebedarfs durch Seewärme aus Bodenseewasser abzudecken. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant. Auch im Rhein bei Mannheim wird eine Wärmepumpe zur Energiegewinnung eingesetzt, künftig könnte das Ländle noch mehr auf diese Form setzen. Walker holte sich hier unlängst Input aus Dänemark, wo eine der größten Meeres-Wärmepumpen der Welt steht.
Abwärme, Geothermie, Windkraft
Verstärkt soll in Baden-Württemberg auch auf die Nutzung von Abwärmepotenzialen und der tiefen Geothermie gesetzt werden. Ein Weg, der auch in Vorarlberg eingeschlagen werden soll. Im Mai hatte Landesrat Zadra zwei Studien zur künftigen Nutzung dieser Energiegewinnungsformen präsentiert. Zum Ausbau der Windkraft gibt es im deutschen Ländle einen klaren politischen Auftrag.
Kooperation mit 100-jähriger Geschichte
Wie wirtschaftlich eng verwoben Vorarlberg und Baden-Württemberg sind zeigt die Kooperation zwischen den beiden Landesenergieversorgern: Illwerke VKW und EnBW. Die KundInnen im Westallgäu inklusive Lindau beziehen seit über 100 Jahren ihren Strombedarf aus Vorarlberg. Zuletzt wurde im Jahr 2010 ein Strombezug der EnBW bis 2041 vereinbart. Der deutsche Energieversorger sichert sich damit 50 Prozent der Speicher- und Regelenergie aus den Illwerke-Kraftwerken und beteiligt sich dafür auch in diesem Umfang an den Jahreskosten der Vorarlberger Landesgesellschaft. Die Illwerke erhalten im Gegenzug einen EnBW-Gewinnzuschlag. Essentiell für diese Kooperation wird ein Großprojekt: Um rund zwei Milliarden Euro soll in Vorarlberg bis 2037 das größte Speicherkraftwerk Österreichs entstehen, das seinen Strom zur Gänze in das deutsche Netz einspeisen wird: Das Lünerseewerk II. Das ermöglicht die Energiewende in Deutschland.