„Wir haben 111 Punkte geschafft!“
Vor rund zehn Monaten nahmen 64 Personen aus den acht Vorderwald Gemeinden Doren, Hittisau, Krumbach, Langenegg, Lingenau, Riefensberg, Sibratsgfäll, Sulzberg an einem Projekt der etwas anderen Art teil. Einen Monat lang haben 14 Haushalte versucht, ihren täglichen CO2-Ausstoß so zu reduzieren, dass sie den in Paris im Jahr 2015 beschlossenen Zielen entsprechen würden. Ein guter Tag hätte dann genau 100 Punkte. In Europa liegt der Tagesmittelwert aktuell bei 450 Punkten. Diethard Kaufmann aus Krumbach hat mit seiner sechsköpfigen Familie an diesem Experiment teilgenommen und mit der Energieautonomie über seine Erfahrungen gesprochen.
Wie sind Sie zur Teilnahme an diesem Experiment gekommen?
Diethard Kaufmann: Ich bin bei uns in Krumbach im e5-Gremium und hatte deshalb schon von diesem Vorhaben gehört. Außerdem bin ich zusätzlich über eine Postwurfsendung darauf aufmerksam geworden und war dann bei der Auftaktveranstaltung. Danach dachte ich mir, ich will an diesem Versuch teilnehmen. Mich hat es brennend interessiert herauszufinden, wo liegen wir mit unseren CO2-Ausstößen und wo könnten wir noch ansetzen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
Ihre ganze Familie hat mitgemacht. Waren alle davon sofort begeistert?
Diethard Kaufmann: Sagen wir es so, sie wurden von mir etwas zwangsbeglückt. Aber die anfängliche Skepsis ist rasch gewichen. Die genaue Analyse, wie sieht unser Fußabdruck aus und was können wir tun, hat alle überzeugt und angespornt.
Wie sind Sie in das Projekt gestartet?
Diethard Kaufmann: Wir wurden für die gesamte Projektdauer von Martin Strele (Anmerkung der Redaktion: Kairos) und Monika Forster (Anmerkung der Redaktion: Energieregionsmanagerin des Energieinstitut) sehr gut begleitet. Zum Start ist Martin zu uns nach Hause gekommen, er hat mir die App (Ein guter Tag hat 100 Punkte) erklärt und wir haben gemeinsam unsere Werte erfasst. Was mich bei unserer Auswertung überrascht hat, waren die hohen Werte für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Ernüchternd waren für mich auch die sehr hohen Durchschnittspunktewerte in Mitteleuropa.
Einen Monat haben Sie versucht den 100 Punkten näher zu kommen, was haben Sie alles dafür getan?
Diethard Kaufmann: Wir haben unter anderem versucht beim Verkehr beziehungsweise bei den Verkehrsmitteln anzusetzen. Gerade im ländlichen Bereich ist das immer noch ein schwieriges Thema. Wir haben zehn Tage lang ein E-Auto getestet, das hat super funktioniert. Und wir denken jetzt darüber nach, wenn die Kinder größer sind, ein E-Auto anzuschaffen. Des Weiteren nützen wir die öffentlichen Verkehrsmittel, wo es geht. Ich fahre zum Beispiel jeden Tag mit dem Bus von Krumbach nach Dornbirn – leider bringt das auf der Seite der Punkte keine große Reduktion.
Ansonsten haben wir noch ein E-Fahrrad getestet und auch da könnte es sein, dass wir in baldiger Zukunft eines anschaffen werden. Zudem haben wir beim Einkaufen noch stärker auf regionale Bio-Produkte geachtet. Im Wald meines Vaters haben wir 100 Tannen gesetzt. Die Kinder haben dabei geholfen. Und: Wir haben eine Energieberatung mitgemacht. Die Beratung von Dieter Bischof und Wilhelm Schlader hat uns schlussendlich dazu motiviert, eine PV-Anlage zu installieren. Seit Dezember ist diese jetzt in Betrieb.
Gab es auch Tiefpunkte im Projektmonat?
Diethard Kaufmann: Der Versuch hat mir sehr gut gefallen. Wir haben gesehen, dass wir schon vieles gut machen: Wir kaufen regional, wir machen keine Flugreisen, wir versuchen aufs Auto zu verzichten, unter der Woche essen wir kein Fleisch und die Kleidung wird von Kind zu Kind weitergegeben, wenn möglich. Wir haben außerdem gesehen, wo wir noch nachbessern können. Ernüchternd ist aber einfach, dass der ökologische Grundfußabdruck hier in Österreich und generell in Europa so hoch ist.
Was haben Sie von diesem Monat mit in Ihren Alltag genommen?
Diethard Kaufmann: In der Familie ist die Verringerung des ökologischen Fußabdruckes ein präsentes Thema. Das Projekt hat sicher dazu beigetragen, dass bei uns auch noch ein stärkeres Bewusstsein dafür geschaffen wurde. Das hat natürlich im Alltag auch positive Auswirkungen – man handelt überlegter und nachhaltiger. Wir versuchen zudem, aber nicht auf die belehrende Art, einfach gute Vorbilder zu sein. Außerdem stehen die Anschaffungen von E-Fahrrad und E-Auto auf unserem Plan.
Im Rahmen des Projektes haben die Teilnehmer Handlungsempfehlungen für die Politik verfasst, was sind Ihres Erachtens jene Punkte, die am dringendsten in Angriff genommen werden sollten?
Diethard Kaufmann: Die Einführung der CO2-Steuer wäre eine gute Sache und aus meiner Sicht ein gangbarer Weg. Wer Ressourcen braucht, der soll auch dafür bezahlen. Der Flugverkehr müsste außerdem stark besteuert und Kerosin müsste teurer werden.
Steht bei Ihnen vielleicht schon der nächste Projektmonat an?
Diethard Kaufmann: Aktuell weiß ich von nichts, dass etwas in der Energieregion Vorderwald geplant wäre. Aber andere Energieregionen möchten diesen Testmonat jetzt auch ausprobieren. Das wäre sehr gut. Martin hat mir das so erklärt, dass wir für die „kritische Masse“ nur 2 bis 5 Prozent der Leute brauchen. Das heißt, wenn 2 bis 5 Prozent ihr Verhalten ändern, dann folgt der Rest quasi automatisch.
Abschließend, wie viel Punkte haben Sie erreicht?
Diethard Kaufmann: Wir lagen als Familie zu Beginn bei 128 Punkten und haben es mit den Maßnahmen im Versuchsmonat auf 111 Punkte geschafft. Die 100 Punkte zu erreichen ist nicht leicht.