Zurück zu den Wurzeln
„Weniger ist mehr“: Mit Bescheidenheit und traditionsreichen Tugenden bewirtschaftet der 24-jährige Nikolai Jochum die Landwirtschaft des Klosters Marienberg.
Es ist ein Leben, wie es sich wohl die wenigsten seiner Generation vorstellen können. Der 24-jährige Nikolai Jochum aus Bregenz lebt bescheiden, traditionsreich – und entgegen einer Konsumgesellschaft, die Geschwindigkeit zur obersten Maxime erhoben hat. Das Credo des Landwirts: Weniger ist mehr. Ein Credo, für das der junge Absolvent des bäuerlichen Schul- und Bildungszentrums in Hohenems unter Landwirten hin und wieder belächelt wird. „Der eine oder andere sieht mich vielleicht als Spinner, wenn ich mit meinem 60 Jahre alten Traktor vorfahre“, glaubt er. Ausmachen würde ihm das aber nichts – als Selbstversorger ohne Schulden könne er schließlich nicht allzu viel falsch gemacht haben, betont er.
Ich glaube, etwas reduzierter zu leben, würde vielen Menschen gefallen. Die meisten wissen es bloß noch nicht.Nikolai Jochum, Bregenz
Wiederaufbau mit Leidenschaft
Wenig überraschend: Die umfassende Gartenarbeit sei eine körperlich herausfordernde Arbeit – und die wenig verbliebenen Ordensschwestern nicht mehr die jüngsten. Mit Jochum sorgt nun ein frischer Wind für neuen Glanz der in die Jahre gekommenen Anlage. Mehr oder weniger in Eigenregie und mit viel Liebe zum Detail saniert der engagierte Mann die Landwirtschaft und alles, was dazu gehört. Darunter das älteste Glashaus Vorarlbergs, ein 200-jähriger Stadel und ein altes Wohnhaus. „Es ist schon viel Arbeit, vor allem, da ich sehr ressourcenschonend arbeite und beispielsweise viel Material aus Abrisshäusern verwende“, erklärt er. Wann er fertig sein will? „In fünf Jahren vielleicht“, überlegt der gelernte Tischler. Je nachdem, wie viele Überraschungen noch auf ihn zukommen. So oder so: „Ich lebe seit einem halben Jahr in der Gärtnerei des Klosters und es fehlt mir an nichts“, ist der junge Landwirt überzeugt. Er koche und heize mit Holz, das vor seiner Haustüre wachse, lebe per se sparsam – und habe nicht einmal ein TV-Gerät. „Irgendwann möchte ich noch eine Photovoltaikanlage installieren. Aber das hat Zeit“, sagt er.
Kein Kunstdünger
Zwei mal pro Woche biete er sein Gemüse am Markt in Bregenz und Wolfurt zum Kauf an – und tausche dort auch fleißig mit anderen Marktfahrern. „Kaufen möchte ich mir eigentlich nur noch Salz, Pfeffer und Zucker“, lacht der Jungbauer, für den Geld sowieso nur „bedrucktes Papier“ ist. Heuer will sich Jochum zudem an ein Experiment wagen: Über einen befreundeten Bauern habe er Samen des Urgetreides „Voradelberger Einkorn“ aus Oberösterreich erhalten. Das einst hierzulande heimische Getreide wachse heute kaum mehr in Vorarlberg – auf einem viertel Hektar Land wolle er nun versuchen, das Getreide wieder im Land ansässig zu machen.
Ob er seinen „traditionsreichen und altmodischen Lebensstil“, wie er ihn selber beschreibt, auch mit Familie fortführen will? „Wenn sich die richtige Frau findet, natürlich“, blickt Jochum zuversichtlich in die Zukunft – schließlich lebe er sein Leben glücklich und zufrieden. „Ich glaube, etwas reduzierter zu leben, würde vielen Menschen gefallen. Die meisten wissen es bloß noch nicht“, so der 24-Jährige.